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08.04.2024

Studie: Wechselmodell eignet sich nicht als gesetzliches Leitmodell

Essen, 08.04.2024 Pro oder contra Wechselmodell? Das aktuelle Eckpunktepapier aus dem Bundesjustizministerium hat die Diskussion um das Unterhaltsrecht und Kindschaftsrecht und um das Wechselmodell als gesetzliches Leitmodell neu entfacht. In der Studie "Kindeswohl und Umgangsrecht" kommt eine Forschungsgruppe zu Ergebnissen, die gegen die gesetzliche Etablierung eines Leitbilds als Betreuungsmodell sprechen. Wir haben die wichtigsten Ergebnisse der Studie zusammengefasst.

Wie geht es den Kindern, wenn sich Eltern trennen? Schon 2015 hat das Bundesfamilienministerium eine Forschergruppe beauftragt, die Trennungsfolgen für die betroffenen Kinder und Jugendlichen zu erforschen. Die Forschenden um Sabine Walper und Stefan Rücker kommen nach komplexen Erhebungsprozessen und vielen Interviews zu folgenden Ergebnissen.

  • Am wichtigsten für das Wohlergehen der Kinder sind ihre Bindungen und Beziehungen zu ihren Eltern sowie das Erleben eines möglichst konfliktfreien Umgangs der Eltern miteinander.
  • Die Wahl des Betreuungsarrangements ist nicht der wesentliche Faktor, sondern nur einer von vielen. Maßgeblich für das kindliche Wohlergehen sind positive Familienbeziehungen und ein regelmäßiger Kontakt zum anderen Elternteil - unabhängig vom jeweiligen Betreuungsarrangement.
  • Will man eine paritätische Betreuung nach der Trennung fördern, muss bereits vor der Trennung eine gleichberechtigte Aufteilung der Sorgearbeit gefördert werden
  • Wurden im Hinblick auf Kontakt- und Betreuungsregelungen die Wünsche und Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen berücksichtigt, so sind diese zufriedener. Dagegen wirken sich Entscheidungen gegen ihren Willen stark auf Gesundheit und Lebensqualität aus.
  • Es ist für das Kindeswohl von zentraler Bedeutung, die Partizipationsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen in Trennungsfamilien zu stärken, ihnen zuzuhören und ihren Anliegen und Interessen Raum zu geben..
  • Häusliche Gewalt muss in familiengerichtlichen Verfahren systematisch ermittelt und berücksichtigt werden.
  • Bei gesetzlichen Neuregelungen zum Umgangs- und Sorgerecht muss stets in den Blick genommen werden, inwieweit diese auch in Fällen häuslicher Gewalt geeignet sind


Diese Ergebnisse sprechen gegen die gesetzliche Etablierung eines Leitbilds als Betreuungsmodell. Sie unterstreichen, dass umgangsrechtliche Entscheidungen nicht gegen den Willen von Kindern und Jugendlichen getroffen werden sollten. Denn Entscheidungen gegen ihren Willen haben starke negative Auswirklungen auf ihre Gesundheit und Lebensqualität.

Die Studie ist die erste in dieser Art und weist damit eine Innovation im Bereich von Trennung und Scheidung aus. In der Studie wurde das Wohl von Kindern anhand von Methoden und Verfahren aus der klinischen Kinderpsychologie empirisch operationalisiert und ausgewertet. Im Zentrum der Betrachtungen steht das Wohl von Kindern im Kontext von Trennung und Scheidung. Diese Studie knüpft damit an den internationalen Wissenschaftsdiskurs zur Frage an, welche Faktoren zu einer möglichst kindeswohl-sensiblen Ausgestaltung von Trennungen und Scheidungen beitragen können.

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