Gar keiner oder zu wenig Unterhalt sind für viele Alleinerziehende ein erster Schritt in die Armut. Zahlt der getrennt lebende Elternteil keinen Unterhalt, hilft das Jugendamt im Fachdienst Beistandschaft. Alleinerziehende können sich dort umfassend beraten und unterstützen lassen, um den Anspruch des Kindes durchzusetzen. Jeder kann sich Beistand holen, wenn sie oder er sie braucht!
Im letzten Quartal 2014 hat der Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband, gemeinsam mit dem Landesverband NRW, eine Online-Untersuchung mit über 1.200 Alleinerziehenden durchgeführt und sie zu ihren Erwartungen und Erfahrungen mit der Beistandschaft befragt. Die Ergebnisse liegen nun in einem Bericht vor. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:
Während Befragte mit einem Haushaltseinkommen über Hartz-IV fast zu zwei Fünfteln verlässlichen (Mindest-) Unterhalt für ihr Kind bekommen, liegt die Quote bei den Befragten mit Haushaltseinkommen auf Hartz-IV-Niveau nur bei etwa einem Fünftel.
Nur etwa die Hälfte der Teilnehmenden (56,0%) erhalten Kindesunterhalt vom anderen Elternteil. 44,0% von ihnen bekommen keinen. Nimmt man auch die Höhe und Regelmäßigkeit der Unterhaltszahlungen in den Blick, muss man feststellen, dass nur etwa ein Drittel (31,4%) aller Befragten auch verlässlichen (Mindest-) Unterhalt erhält, der also regelmäßig, pünktlich und mindestens auf dem Niveau des Mindestunterhalts ist. Eine Interpretation, ob die Gründe hierfür eher im Bereich der mangelnden Leistungsfähigkeit oder einer schlechten Zahlungsmoral zu finden sind, lässt sich aus den vorliegenden Zahlen nicht ableiten. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf.
Obwohl knapp die Hälfte der Befragten keinen Kindesunterhalt erhalten (44,0%), beziehen nur gut ein Viertel der Befragten (26,4%) Unterhaltsvorschuss, 22,0% für alle; 4,2% nicht für alle Kinder. 73,6% aller Teilnehmenden erhalten keinen Unterhaltsvorschuss. Unterhaltsvorschuss ist eine staatliche Leistung, die beantragt werden kann, wenn ein Kind keinen oder nur einen zu geringen Kindesunterhalt erhält. Der Unterhaltsvorschuss liegt aber wegen der Anrechnung des vollen Kindergeldes deutlich unter dem Mindestunterhalt und wird nur für eine Dauer von maximal sechs Jahren gezahlt und auch nur, bis das Kind 12 Jahre alt ist. Außerdem liegt der Unterhaltsvorschuss unter dem Mindestunterhalt. Durch Anhebung der Altersgrenze und der Anspruchsdauer könnten deutlich mehr Kinder von Alleinerziehenden von dieser staatlichen Leistung profitieren.
Mit 44,4% nimmt fast die Hälfte der Befragten das Angebot einer Beistandschaft in Anspruch. Als Grund dafür, keine Beistandschaft eingerichtet zu haben, geben von den übrigen 55,6% immerhin ein gutes Drittel an, dass sie die Beistandschaft nicht kennen, bzw. keinen Kontakt zum Jugendamt wünschen. Hier wäre ein Ansatzpunkt für eine bessere Öffentlichkeitsarbeit der Jugendämter.
Insgesamt zeigt sich, dass die Befragten klare Erwartungen an ihre Beistandschaft haben: Jeweils über 90% der Befragten (mit Beistandschaft) wünschen sich, dass die Beistandschaft sich um die Durchsetzung des Kindesunterhalts kümmert und dass die Beistandschaft über die Unterhaltsansprüche der Kinder informiert. Immerhin 83,9% möchten, dass die Beistandschaft dem anderen Elternteil seine Verantwortung klar macht. Bei den weiteren abgefragten Wünschen zeigt sich ein weniger klares Bild, die Werte streuen stärker.
Die Erfahrungen der Befragten mit ihrer Beistandschaft variieren sehr stark. Die Antworten sind breit gestreut und decken das gesamte Antwortspektrum ab. Dazu passen auch einige Antworten einer abschließenden offenen Frage, bei der die Befragten die Möglichkeit hatten, ein Resumèe zu ziehen. Hier beschreiben immerhin 6% aller Befragten, dass sie ganz unterschiedliche Erfahrungen in unterschiedlichen Jugendämtern, bzw. mit unterscheidlichen Sachbearbeitern gemacht hätten. Eine Vereinheitlichung des Services Beistandschaft z. B. durch einheitliche Qualitätsstandards wäre wünschenswert.
Die generelle Zufriedenheit mit der Beistandschaft variiert sehr stark. Auf einer Skala nach Schulnoten geben etwa ein Drittel der Befragten (mit Beistandschaft) gute, ein Drittel mittlere und ein Drittel schlechte Noten für ihre Beistandschaft.
Bei den Befragten wurde die hohe Erwartung deutlich, dass der Beistand tatsächlich die Unterhaltsansprüche des Kindes durchsetzt. Es ist zu vermuten, dass zwischen Zufriedenheit und erhaltenem Kindesunterhalt ein Zusammenhang besteht.
Diese Vermutung scheint sich bei den Schulnoten „sehr gut“ bis „ausreichend“ auch zu bestätigen, der Anteil der Befragten mit Unterhaltszahlungen nimmt stetig ab. Interessant ist, dass der Anteil von Befragten mit Unterhaltszahlungen bei der Note „mangelhaft“ aber wieder ansteigt. Die Unterhaltsrealisierung alleine kann demnach nicht die Zufriedenheit/Unzufriedenheit erklären.
Nur etwa ein Viertel der Befragten, die eine Beistandschaft eingerichtet haben, erhalten tatsächlich verlässlichen (Mindest-) Unterhalt. Das sind immerhin gute 5 Prozentpunkte weniger als die Grundgesamtheit aller Befragten und sogar 10 Prozentpunkte weniger als die Befragten ohne Beistandschaft. Besonders auffällig ist der Unterschied zu Befragten, die keine Beistandschaft haben, weil sie mit einem Anwalt/einer Anwältin den Unterhalt eingefordert haben: Diese realisieren knapp doppelt so häufig verlässlichen (Mindest-) Unterhalt. Auch Alleinerziehende, die nach Beratung durch das Jugendamt den Kindesunterhalt selber durchsetzen, schneiden hinsichtlich eines verlässlichen (Mindest-) Unterhalts besser ab als Alleinerziehende mit Beistandschaft. Für die Gründe besteht weitergehender Forschungsbedarf.